Einigungsstellenverfahren
Soweit innerbetriebliche Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu keiner Einigung geführt haben, kann eine solche Einigung dadurch herbeigeführt werden, dass man einen unparteiischen Außenstehenden (Vorsitzenden) in einem innerbetrieblichen Verfahren darüber entscheiden lässt.
Das Einigungsstellenverfahren ist eine betriebliche Schlichtungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Das Einigungsstellenverfahren ist geregelt in den §§ 76 ff Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Es findet grundsätzlich Anwendung bei Angelegenheiten, bei denen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates besteht z.B.:
- Schulungen § 37 Abs. 6 und Abs. 7,
- Sprechstunde des Betriebsrates § 39 Abs. 1 BetrVG,
- Soziale Angelegenheiten § 87 BetrVG,
- Interessenausgleich § 112 Abs. 2 S. 2 BetrVG,
- Sozialplan § 112 Abs. 4 BetrVG.
In diesen Fällen kann der Betriebsrat ein Einigungsstellenverfahren „erzwingen“. Natürlich ist daneben auch ein freiwilliges Verfahren in anderen Angelegenheiten möglich, wenn beide Parteien damit einverstanden sind.
Es kann durch Betriebsvereinbarung eine ständige Einigungsstelle eingerichtet werden, vgl. § 76 Abs. 1 S. 2 BetrVG üblicherweise wird jedoch eine solche bei Meinungsschwierigkeiten „ad hoc“ eingerichtet.
Das Einigungsstellenverfahren beginnt damit, dass eine der Parteien die diese „anruft“, § 112 Abs. 2 S. 2 BetrVG oder ihr Tätigwerden „beantragt“ § 76 Abs. 5 S. 1 BetrVG.
Hier teilt die eine Partei der anderen Partei mit, dass ein Einigungsstellenverfahren in Gang gesetzt werden soll.
Idealerweise:
- Ladung zur Betriebsratssitzung
- Betriebsrat muss einen Beschluss fassen mit folgenden Inhalt:
- Schriftlich
- Bezeichnung der Angelegenheit
- Anzahl der Beisitzer (2 oder 3)
- Gewünschter Einigungsstellenvorsitzender, Ersatz bei Verhinderung
- Erklärungsfrist setzen für die andere Betriebspartei
- Die andere Betriebspartei stimmt dann der Durchführung des Einigungsstellenverfahren zu oder lehnt diesen Vorschlag ab (muss dies aber begründen).
Zusammensetzung der Einigungsstelle
Die Einigungsstelle setzt sich zusammen aus einem unparteiischen Vorsitzenden (Richter, Professor, Experte) und einer gleichen Anzahl von Beisitzern (z.B. Rechtsanwalt, Betriebsrat, Experte), welche vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, § 76 Abs. 2 BetrVG.
Die Verhandlungen der Einigungsstelle sind nach der Rechtsprechung nicht öffentlich, auch nicht für Betriebsangehörige. Allerdings sind sie parteiöffentlich, d.h. Mitglieder des Betriebsrats oder Arbeitgebervertreter können bei den Verhandlungen zuhören, auch wenn sie nicht zu Beisitzern der Einigungsstelle bestellt sind. Die Parteiöffentlichkeit endet allerdings dann, wenn deutlich wird, dass die Einigungsstelle einen Spruch fällen muss und die Mitglieder der Einigungsstelle daher über ihren Spruch beraten und abstimmen müssen.
Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht gemeinsam auf einen Vorsitzenden einigen, so wird dieser durch das Arbeitsgericht bestellt. Ebenso entscheidet das Arbeitsgericht über die Anzahl der Beisitzer, wenn sich die Parteien nicht einigen können (z.B. je 2 oder 3).
In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig.
Achtung: Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienen Mitglieder nach Maßgabe des § 76 Abs. 3 BetrVG allein, vgl. § 76 Abs. 5 BetrVG.
Beschlüsse werden von der Einigungsstelle gefasst: nach billigem Ermessen unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebes und der betroffenen Arbeitnehmer.
Die Beschlussfassung geschieht in 2 Stufen:
Bei der 1. Beschlussfassung nimmt der Vorsitzende der Einigungsstelle nicht teil, d.h. er hat sich seiner Stimme zu enthalten. In der Regel geht diese Abstimmung unentschieden aus.
Kommt es bei der ersten Beschlussfassung zu keiner Stimmenmehrheit nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten 2. Beschlussfassung teil.
Eine Überschreitung des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder Betriebsrat binnen einer Frist von zwei Wochen, nach Zuleitung des Beschlusses, vor dem Arbeitsgericht geltend gemacht werden. Stellt das Arbeitsgericht dann fest, dass das Ermessen durch die Einigungsstelle überschritten worden ist, so wird der Spruch der Einigungsstelle aufgehoben.
Die Kosten des Einigungsstellen hat der Arbeitgeber zu tragen, vgl. § 76a BetrVG.